Tiere müssen angst- und schmerzfrei getötet werden – eine Selbstverständlichkeit?

Das Vorgehen für eine «fachgerechte» und damit angst- und schmerzfreie Tötung von Tieren ist gesetzlich geregelt. Die Methoden zur Betäubung und Tötung müssen neben Aspekten des Tierschutzes auch die Arbeitssicherheit und Wirtschaftlichkeit berücksichtigen. Eine der Methoden, die Begasung mit Kohlendioxid, wird weltweit bei sehr vielen Tieren angewendet und ist aus Sicht des Tierschutzes umstritten. Das BLV fördert deshalb die Suche nach schonenden Alternativen.

Zur Fleischgewinnung und im Rahmen von Tierversuchen werden Tiere in grosser Zahl mit Kohlendioxid (CO2) betäubt bzw. getötet. Dasselbe geschieht mit männlichen Küken aus Zuchtlinien für die Eierproduktion, mit Mäusen und Ratten, die an Reptilien und andere Wildtiere verfüttert werden sollen oder mit Legehennen am Ende des Produktionszyklus.

Für das Betäuben bzw. Töten gelten folgende Grundsätze, die in der Tierschutzverordnung festgehalten sind: eine kompetente Person geht mit dem Tier schonend um, setzt eine sichere und zulässige Methode ein und überwacht es bis zu seinem Tod.

Was macht Kohlendioxid weltweit zur Methode der Wahl?

Gerade in Bereichen, in denen regelmässig viele Tiere getötet werden, spielen nebst Tierschutzaspekten auch Kriterien wie Arbeitssicherheit oder Wirtschaftlichkeit eine Rolle. CO2 hat gegenüber anderen Methoden Vorteile: Tiere können gruppenweise betäubt bzw. getötet werden, was zusätzlichen Stress durch das Trennen vermeidet und die Tiere müssen nicht durch Personal fixiert werden. Zudem ist das Gas kostengünstig und einfach zu handhaben.

Welche Nachteile hat Kohlendioxid für das Tier?

CO2 reizt die Luftwege, wenn es in hohen Konzentrationen eingeatmet wird und löst bei den betroffenen Tieren sehr rasch Schmerzen, Atemnot und Angst aus. Die Bewusstlosigkeit tritt je nach Tierart erst nach mehreren Sekunden oder sogar erst nach Minuten ein.

Die Forschung ist sich dieser Nachteile bewusst, hat jedoch bis heute keine praxistauglichen Alternativen gefunden, welche vor dem Tod der Tiere keine Schmerzen und Angst verursachen.

So wird Kohlendioxid eingesetzt:

  • Zur Betäubung beim Schlachten von Schweinen und Geflügel (CH: 2 Mio bzw. 4.5 Mio Tiere / Jahr)
  • Zur Tötung von Legehennen am Ende des Produktionszyklus (CH: 1.5 Millionen Tiere / Jahr)
  • Pro Jahr werden in der Schweiz über eine Million Labornagetiere gezüchtet oder importiert. Zur Tötung dieser Mäuse und Ratten wird zu einem wesentlichen Teil auch CO2 eingesetzt.
Ratte in Euthanasiebox
Ratte in Euthanasiebox
© Felix Gantenbein

Was ist der Auftrag des BLV?

«Niemand darf einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es in Angst versetzen.» So lautet ein Grundsatz des Schweizer Tierschutzgesetzes. Dasselbe Gesetz verpflichtet den Bund, tierschutzrelevante wissenschaftliche Forschung zu betreiben und diese zu unterstützen.

Der Auftrag lautet somit: Überall, wo Tieren Schmerzen, Leiden und Ängste zugefügt werden, muss der Bund danach streben, diese Belastungen aufzuheben oder wenigstens zu vermindern. Beim Betäuben und Töten von Tieren im Rahmen der Lebensmittelgewinnung und der Forschung mit Tieren sieht sich das BLV besonders in der Pflicht. Deshalb wurde die Optimierung von Methoden zum Töten von Tieren – und somit die Suche nach Alternativen zu CO2 – zu einem Forschungsschwerpunkt im Bereich Tierschutz erklärt, vgl. Forschungskonzept des BLV 2021 - 2024.

So wird auch dem 3R-Prinzip in der Forschung mit Tieren Rechnung getragen.

Das BLV bringt internationale Forschungsgruppen zusammen …

Die Nachteile von CO2 aus Tierschutzsicht sind in der Fachwelt bekannt. Mehrere Forschungsgruppen suchen aktiv nach Alternativen oder erarbeiten Empfehlungen für die schonende Betäubung und Tötung von Tieren. Das BLV trägt zur Vernetzung dieser Expertengruppen und damit zur internationalen Zusammenarbeit bei. So hat es sich über die letzten Jahre stark für einen Austausch unter Expertinnen und Experten aus der Schweiz, Deutschland, Grossbritannien, Kanada, den USA und Neuseeland eingesetzt.

Dieses Engagement wurde insbesondere durch die «3R-Symposien» sichtbar, die das BLV bisher organisiert hat und an denen Vertreterinnen verschiedenster Interessengruppen, die sich mit den Nachteilen von CO2 bei der Tötung von Tieren auseinandersetzen, teilgenommen haben. Nach den Symposien von 2018 und 2019 in Bern mit je rund hundert Teilnehmenden vorwiegend aus der Schweiz und aus Europa, fand das dritte Symposium 2020 online statt. Es erreichte knapp 700 Personen in der ganzen Welt und wurde vom BLV gemeinsam mit den beiden britischen Organisationen Universities Federation for Animal Welfare (UFAW) und der Humane Slaughter Association (HSA) durchgeführt.

Aus dem ersten Symposium 2018 resultierte die Erkenntnis, dass für die Suche nach geeigneten Alternativen zu CO2 eine Forschungsstrategie entworfen werden soll, die 2019 veröffentlicht wurde.

Als Ergebnis des Symposiums von 2019 haben internationale Forscherinnen und Forscher die Prioritäten für die wissenschaftliche Untersuchung möglicher Alternativen zu CO2 festgelegt und publiziert. So sollten z. B. neue Methoden und Wirkstoffe erforscht und Verhaltenstests für die Beurteilung der Belastung der betroffenen Tiere standardisiert werden.

Anlässlich des 3R-Symposiums 2020 wurden Erkenntnisse aus der aktuellen Forschung zu Auswirkungen von CO2 und verschiedenen alternativen Tötungsmethoden auf Schweine, Geflügel, Nagetiere und Kaninchen präsentiert.

… und fördert die Forschung zu CO2-Alternativen bei Versuchstieren

Internationale Expertinnen und Experten im Bereich Anästhesie und Versuchstiermedizin haben die Literatur zur Tötung von Mäusen und Ratten mit CO2 systematisch untersucht und dabei aufgezeigt, dass die Methode aus Tierschutzsicht Defizite aufweist.

Das BLV finanziert seit mehreren Jahren Projekte zur Erforschung von Alternativen zu CO2 zur Euthanasie von Labortieren. Ein Schwerpunkt gilt sogenannten inerten Gasen wie z. B. Stickstoff. Erste Resultate zeigen, dass Mäuse und Ratten beim Einatmen von Stickstoff im Vergleich zu CO2 deutlich weniger Stress erleiden.

Im Mai 2021 konnte das BLV der Universität Zürich im Rahmen einer WTO-Ausschreibung den Forschungsauftrag „Das Leben von Tieren humaner beenden“ vergeben. Dabei werden weitere mögliche CO2-Alternativen zur Tötung von Labortieren erforscht.

Weitere Informationen

Letzte Änderung 07.03.2024

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