Die Güterabwägung zeigt auf, ob ein Tierversuch bewilligt und durchgeführt werden kann. Dabei wird der erwartete Erkenntnisgewinn der Belastung der Tiere gegenübergestellt.
Die Kommission für Tierversuchsethik (KTVE) der Akademien der Wissenschaften Schweiz hat die Wegleitung für Forschende aus dem Jahr 2017 überarbeitet. Über folgenden Link finden Sie die neue Version: www.samw.ch
Gemäss Tierversuchsverordnung (Art. 24) werden Belastungen von Tieren durch Eingriffe oder Massnahmen im Rahmen von Tierversuchen in vier Belastungskategorien eingeteilt. Am Schluss gilt es abzuwägen, ob der Nutzen die Belastung der Tiere rechtfertigt. Der erwartete Nutzen von Tierversuchen für die Gesellschaft muss grösser sein als das Leiden und die Verletzung der Würde der Tiere.
Schweregrade als Mass der Belastung
Schweregrad 0
keine Belastung, z.B. Beobachtungsstudien:
Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die den Tieren keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, sie nicht in Angst versetzen und ihr Allgemeinbefinden nicht beeinträchtigen;
Fast die Hälfte der Versuchstiere wird in Tierversuchen eingesetzt, in denen sie nur mit dem Schweregrad 0 belastet werden
Schweregrad 1
leichte Belastung:
Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die kurzfristige leichte Schmerzen oder Schäden oder eine leichte Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken;
Schweregrad 2
mittlere Belastung:
Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die kurzfristige mittelgradige oder mittel- bis langfristig leichte Schmerzen, Leiden oder Schäden, eine kurzfristige mittelgradige Angst oder eine kurz- bis mittelfristige schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken.
Schweregrad 3
schwere Belastung, z.B. Verpflanzung von aggressiven Tumoren in Tiere
Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die mittel- bis langfristige mittelgradige Schmerzen oder schwere Schmerzen, langfristiges mittelgradiges bis schweres Leiden, mittel- bis langfristige mittelgradige Schäden oder schwere Schäden, langfristige schwere Angst oder eine schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken.
Entscheidend für die Begrenzung des Schweregrades können auch sogenannte Abbruchkriterien sein: Die Forschenden legen genau fest, bei welchen Belastungen oder Resultaten ein Tierversuch abgebrochen wird.
Güterabwägung – Abwägung von Nutzen und Belastung
Um eine Güterabwägung vornehmen zu können, müssen die involvierten Interessen, Güter und Zielsetzungen aller Betroffenen festgestellt, bewertet, gewichtet und schliesslich gegeneinander abgewogen werden. Das Resultat einer solchen Güterabwägung ist ein begründetes Urteil darüber, ob die Belastung des Tieres (Leiden, Schmerzen, Angst und Schäden) gerechtfertigt werden können oder nicht. Dies kann für den Einzelfall oder möglicherweise für eine bestimmte Kategorie von Fällen entschieden werden.
Der Nutzen für die Gesellschaft kann sehr unterschiedlich sein: neue Medikamente, der Nachweis der Ungiftigkeit einer Substanz, Erkenntnisgewinn, bessere Haltungsbedingungen für Tiere und vieles mehr. In der angewandten Forschung ist der Nutzen oft klar ersichtlich.
In der Grundlagenforschung ist es jedoch vielfach schwierig, einen unmittelbaren Nutzen aufzuzeigen. Dennoch ist langfristig gerade bei dieser Art der Forschung der Nutzen wohl am grössten.
Es liegt in erster Linie am Forschenden selbst überzeugend aufzuzeigen, welchen Nutzen seine Arbeit bringen könnte.
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Letzte Änderung 19.03.2024