Pflanzenschutzmittel müssen zugelassen sein, bevor sie in Verkehr gebracht und verwendet werden dürfen. Im Rahmen des Zulassungs- verfahrens werden Pflanzenschutzmittel anhand detailliert festgelegter Prüfkriterien beurteilt. Sie dürfen nur dann zugelassen werden, wenn sie keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben. Die hierfür festgelegten Anwendungsbedingungen sind ein zentraler Bestandteil der Zulassung.
Die unsachgemässe Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) kann schädliche Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben. Selbst an der zu behandelnden Kultur können Schäden entstehen. Um solche unannehmbaren Nebenwirkungen zu vermeiden, durchlaufen PSM ein komplexes Zulassungsverfahren, bei welchem sie auf ihre Wirkung und Nebenwirkungen geprüft werden. Die rechtliche Basis für die Zulassung von PSM bildet dabei die Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV).
Eine Gesuchstellerin (Firma), die ein neues PSM in Verkehr bringen will, muss bei der Zulassungsstelle ein Gesuch inklusive der erforderlichen Unterlagen und Studien einreichen. Bei den an das Dossier gestellten Anforderungen hält sich die Schweiz an die in der EU geltenden Vorgaben.
Nach einer groben Vollständigkeitsprüfung durch die Zulassungsstelle, wird das eingereichte Dossier an die Beurteilungsstellen weitergeleitet. Diese sind für die wissenschaftliche Beurteilung der Unterlagen zuständig und bei verschiedenen Bundesämtern angesiedelt - dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) mit Agroscope sowie dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Mit dieser Aufteilung der Verantwortlichkeiten wird sichergestellt, dass bei der Beurteilung alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden.
Nachdem die Beurteilungsstellen das eingereichte Dossier erhalten haben, führen sie eine detaillierte Vollständigkeitsprüfung durch. Fehlen Informationen, werden diese durch die Zulassungsstelle bei der Gesuchstellerin nachgefordert. Wenn das Dossier komplett ist und alle nötigen Informationen vorliegen, erstellen die Beurteilungsstellen ihre Gutachten zu den verschiedenen Beurteilungsbereichen (Details siehe unten). Auf dieser Basis wird ersichtlich, ob die Voraussetzungen für eine Zulassung des PSM erfüllt sind.
Daraufhin wird geklärt, welche Anwendungsbestimmungen, Auflagen und Kennzeichnungen in der beabsichtigten Zulassung nötig sind, um sicherzustellen, dass es bei vorschriftsgemässer Anwendung des PSM zu keinen unannehmbaren Nebenwirkungen kommt. Das Gesuch wird anschliessend im Bundesblatt publiziert.
Innerhalb einer festgelegten Frist nach der Publikation des Gesuchs können die gemäss dem Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) beschwerdeberechtigten Umweltschutzorganisationen Parteistellung beantragen, Akteneinsicht erlangen und eine Stellung- nahme zum Verfahren einreichen. Diese nach NHG beschwerdeberech- tigten Umweltschutzorganisationen sind im Anhang der Verordnung über die Bezeichnung der im Bereich des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes beschwerdeberechtigten Organisationen (VBO) gelistet. Wird eine solche Stellungnahme eingereicht, prüft die Zulassungsstelle in Zusammenarbeit mit den Beurteilungsstellen und dem Rechtsdienst des BLV die darin angemerkten Punkte und berücksichtigt diese in ihren Erwägungen.
In Form einer Verfügung wird das Gesuch schliesslich bewilligt oder abgelehnt.
Neben der Gesuchstellerin sind auch die Umweltschutz- organisationen, sofern diese Parteistellung beantragt haben, beschwerdeberechtigt.
Bundesamt für Umwelt (BAFU)
Das BAFU beurteilt die Auswirkungen eines PSM auf die Umwelt. Dazu gehören die Beurteilung des ökotoxikologischen Risikos für Fische, Algen, Wirbellose, Bienen, Arthropoden, Vögel und Säuger sowie für Nichtzielpflanzen. Dabei werden die relevanten Expositionswege inklusive Abdrift und Abschwemmung berücksichtigt. Weiter wird das Verhalten von PSM und deren Metaboliten im Boden, Grund- und Oberflächenwasser beurteilt. Zudem ist das BAFU für die Einstufung und Kennzeichnung der PSM bezüglich Umweltgefahren sowie physikalisch-chemischer Gefahren zuständig. Bei Mikro- und Makroorganismen, die als PSM eingesetzt werden sollen, wird zusätzlich die Biosicherheit überprüft.
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV)
Die Zulassungsstelle PSM (ZS PSM) ist dem BLV zugeordnet. Sie ist die Anlaufstelle für Gesuchstellerinnen, Handel, Interessensgemeinschaften und andere Behörden. Als Schnittstelle zwischen Gesuchstellerinnen und Beurteilungsstellen ist die ZS PSM für die Koordination der Beurteilung und für die Entscheidungsfindung bei Neuzulassungen und Überprüfungen von PSM-Anwendungen verantwortlich. Weiter ist sie zuständig für die Koordination rechtlicher Verfahren im Kontext des PSM-Zulassungsverfahrens.
Weitere Organisationseinheiten des BLV beurteilen die Toxizität der PSM für den Menschen. Sie bewerten die möglichen Auswirkungen von PSM-Rückständen in oder auf Lebensmitteln und im Trinkwasser auf die menschliche Gesundheit und legen Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln fest. Zudem bewerten sie die Auswirkungen von PSM-Anwendungen auf die Gesundheit der nichtberuflichen Anwenderinnen und Anwender, der Anrainerinnen und Anrainer sowie von Umstehenden. Weiter ist das BLV zuständig, die Toxizität von PSM auf zu bekämpfende Wirbeltiere zu beurteilen. Darüberhinaus ist das BLV auch für die Einstufung und Kennzeichnung der PSM bezüglich der Gefährdung der menschlichen Gesundheit verantwortlich.
Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) mit Agroscope
Agroscope, das dem BLW angegliederte Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung, beurteilt die chemischen Aspekte von PSM wie die Identität, die physikalisch-chemischen Eigenschaften, die relevanten Verunreinigungen, oder die Lagerstabilität von Produkten. Pflanzenschutzexpertinnen und -experten beurteilen die Wirksamkeit, die landwirtschaftliche Eignung und Anwendungsweise von Produkten. Ebenso evaluiert Agroscope die Risiken für Bodenlebewesen, Nützlinge und Bienen in der landwirtschaftlichen Fläche. Mit der Beurteilung von PSM-Rückständen auf pflanzlichen Lebensmitteln wird auch überprüft, ob die gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalte eingehalten werden können.
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)
Das SECO beurteilt die Exposition für berufliche Anwenderinnen und Anwender eines PSM sowie für jene Personen, die Nachfolgearbeiten in den behandelten Flächen durchführen. Dabei wird ermittelt, welche persönliche Schutzausrüstung wie Schutzanzug, Handschuhe, Kopfbedeckung, Schutzbrille oder Atemschutzmaske für die jeweilige Anwendung erforderlich ist und welche anderweitigen Vorsichtsmassnahmen getroffen werden müssen, um eine sichere Anwendung des PSM zu garantieren.
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Letzte Änderung 22.01.2024