Das Veterinärabkommen regelt die Bekämpfung von Tierseuchen, den Handel mit Tieren und tierischen Produkten und die Einfuhr dieser Tiere und Produkte aus Drittländern. Es bildet die Grundlage für den gemeinsamen Veterinärraum.
Aktuell
Neues Tiergesundheitsrecht der EU
Seit dem 21. April 2021 gelten neue Regeln für den Export lebender Tiere in die Mitgliedstaaten der EU. Halterinnen und Halter von Ziegen, Hirschen, Schweinen oder Kameliden, die solche Tiere exportieren wollen, müssen ein Jahr vor dem Datum des Exports ein betriebseigenes Gesundheitsüberwachungsprogramm durchführen. Ziel dieser Regelung ist eine noch effizientere Bekämpfung von Krankheiten, die auf andere Tiere oder auf den Menschen übertragbar sind.
Während einer Übergangszeit bis zum 17. Oktober 2021 werden weiterhin die Bescheinigungen nach bisherigem Recht in TRACES Classic verwendet und akzeptiert.
Der Anhang 11 des bilateralen Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und der EU wird "Veterinäranhang" oder auch "Veterinärabkommen" genannt. Er umfasst Gesundheits- und Tierzuchtmassnahmen, die auf den Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen tierischer Herkunft anwendbar sind.
Das Veterinärabkommen regelt:
- die Bekämpfung bestimmter Tierseuchen und die Seuchenmeldung;
- den Handel zwischen der Schweiz und der EU mit lebenden Tieren, deren Sperma, Eizellen und Embryonen sowie mit tierischen Erzeugnissen (Milch und Milchprodukte, Fleisch und Fleischerzeugnisse);
- die Einfuhr dieser Tiere und Erzeugnisse aus Drittländern;
- die Tierzucht.
Gemeinsamer Veterinärraum
Die veterinärrechtlichen Grenzkontrollen im Verkehr von Tieren und tierischen Produkten zwischen der Schweiz und der EU sind seit dem 1. Januar 2009 aufgehoben.
Sendungen aus Nicht-EU-Staaten (Drittstaaten) werden beim erstmaligen Eintreffen in den Veterinärraum Schweiz-EU kontrolliert und können danach frei verschoben werden. In der Schweiz wurden dafür an den Flughäfen Genf und Zürich entsprechende Einrichtungen erstellt. Die Schweiz führt an diesen Grenzkontrollstellen die grenztierärztliche Untersuchung für Waren tierischen Ursprungs durch. Andererseits kontrollieren die EU-Mitgliedstaaten für die Schweiz bestimmte Sendungen bei erstmaligem Eintreffen in einem EU Mitgliedsstaat (z.B. Rotterdam, Frankfurt).
Zu beachten ist, dass die Zoll- und die Artenschutzkontrollen sowohl für Importe aus Drittstatten wie aus der EU weiterhin bestehen.
Gemischter Veterinärausschuss (GVA)
Die ordnungsgemässe Umsetzung des Veterinärabkommens wird vom gemischten Veterinärausschuss überwacht. Er ist für die Aktualisierung des Veterinärabkommens zuständig, diskutiert bilaterale Probleme und sucht nach für beide Seiten vertretbaren Lösungen.
In der Schweiz ist das BLV für die Belange zuständig, die das "Veterinärabkommen" betreffen. Es entsendet eine Delegation in den GVA, was den direkten Austausch und somit auch gute Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU im Veterinärbereich gewährleistet.
Umsetzung in der Schweiz
In der Schweiz sorgt das BLV für:
- die Aktualisierung des Veterinärabkommens;
- die Änderung der Schweizer Gesetzgebung aufgrund der geänderten EU-Gesetzgebung;
- die Kommunikation der Änderungen der Schweizer Gesetzgebung;
- die Kontrolle der Einhaltung an der Aussengrenze (Grenzkontrollstellen).
Einfluss der Schweiz bei der EU
Die Entscheidungen der EU im Bereich Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit haben via Veterinärabkommen einen Einfluss auf die schweizerische Gesetzgebung. Die Schweiz ist daher bestrebt, bereits bei der Ausarbeitung von Gesetzestexten und bei wissenschaftlichen Entwicklungen ihre Position bei der EU einzubringen. Dies geschieht durch die Teilnahme in Arbeitsgruppen und im ständigen Ausschuss.
Da die Schweiz nicht stimmberechtigt ist, sind die Möglichkeiten in diesem Rahmen jedoch beschränkt. Es ist daher entscheidend, den Anliegen und Interessen der Schweiz mit guten bilateralen Kontakten zum Durchbruch zu verhelfen.
Freihandel Schweiz – EU
Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktsicherheit und öffentliche Gesundheit
Die Verhandlungen zum Abkommen über Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktsicherheit und öffentliche Gesundheit zielen auf eine stärkere Vernetzung zwischen den Akteuren der Wertschöpfungskette im Agrar- und Ernährungssektor ab. Sie bezwecken zudem die verstärkte Zusammenarbeit mit der Europäischen Union (EU) in den Bereichen Lebensmittel- und Produktsicherheit sowie der öffentlichen Gesundheit.
Koordination der Verhandlungen |
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Landwirtschaft |
Lebensmittel- Bundesamt für Lebensmittel- |
Produktsicherheit Staatssekretariat für Wirtschaft SECO |
Öffentliche Gesundheit |
Lebensmittelsicherheit
Die Schweiz will ihre Bevölkerung wirkungsvoll vor gefährlichen Lebensmitteln schützen und den schweizerischen Produzenten den EU-Markt öffnen. Aus diesen Gründen will sie am System der Lebensmittelsicherheit der EU teilnehmen und verhandelt u.a. die Mitgliedschaft in der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und beim Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF).
Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF)
Das RASFF der EU besteht seit 1979. Es erhöht den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor nicht sicheren Lebensmitteln. Nationale Koordinationsstellen verfassen Warnungen vor solchen nicht sicheren Lebensmitteln und informieren über Produktrückrufe. Diese Informationen werden durch das System an die Mitgliedstaaten der EU sowie an Norwegen, Island und das Fürstentum Liechtenstein (Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)) weitergeleitet. Die Schweiz ist lediglich Teilmitglied des RASFF und erhält deshalb nur Meldungen über Zurückweisungen von Lebens- oder Futtermitteln an der Grenze sowie Meldungen, die die Schweiz direkt betreffen.
Eine Vollmitgliedschaft würde der Schweiz viele Vorteile bringen. Der Zugriff auf sämtliche Meldungen aus dem RASFF würde es erlauben, aktiv weitere Informationen einzuholen und frühzeitig Massnahmen zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten zu treffen. So könnten verstärkt Kontrollen an der Grenze erfolgen sowie die Überwachung des Marktes intensiviert werden. Die Massnahmen in der Schweiz könnten zudem besser mit denjenigen der EU-Mitgliedsländern, resp. den Ländern des EWR abgestimmt werden.
Acquis communautaire im Bereich Lebensmittelsicherheit: Der Rechtsbestand der EU im Bereich Lebensmittelsicherheit ist sehr umfangreich und dynamisch. Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und das darauf abgestützte übrige Lebensmittelrecht der EU umfasst über 150 Erlasse und betrifft die ganze Lebensmittelkette. Die Mitgliedschaft der Schweiz in der Risikobewertungsbehörde EFSA sowie beim Schnellwarnsystem RASFF wäre an die Übernahme des relevanten „Acquis communautaire" (gemeinsamer Besitzstand) geknüpft.
Tierschutz im Rahmen des Agrarfreihandels
Der Veterinärbereich zwischen der Schweiz und der EU ist bereits zum grössten Teil in einem Veterinärabkommen geregelt. So gelten seit längerem gleichwertige Tierseuchenregeln und Importbestimmungen. In den Verhandlungen zum Agrarfreihandel ist der Tierschutz ein Thema. Mit dem Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der EU würden die beiden Parteien grundsätzlich die Gleichwertigkeit der jeweiligen Tierschutzbestimmungen anerkennen oder die Schweiz müsste den EU-Acquis auch im Tierschutzbereich übernehmen. Dies hätte aber keine Senkung der Tierschutzstandards in der Schweiz zur Folge, da die Schweiz trotzdem die Möglichkeit hätte, strengere Tierschutznormen zu erlassen
Das Verbot der Schlachttiertransite durch die Schweiz gilt weiterhin: Die Schweiz setzt sich gegen die Durchfuhr von Schlachttieren ein. Das Verbot, Klauentiere sowie Schlachtpferde und Schlachtgeflügel auf der Strasse durch die Schweiz zu führen, ist seit Anfang 2013 im Tierschutzgesetz verankert. Die Aufrechterhaltung des Durchfuhrverbots wird mit tierschützerischen Absichten begründet. Bedeutung für die diesbezüglichen Gespräche Schweiz-EU dürfte auch die aktuelle Überprüfung der geltenden Tiertransport-Bestimmungen in der EU haben (betreffend Transportdauer, Besatzdichte etc.).
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Letzte Änderung 08.11.2021