In Tierstudien verzerren die Effekte bei hohen Dosen möglicherweise die Benchmark Dosis

Das BLV hat die zwei derzeit gängigen Methoden (NOAEL und BMD) zur Ermittlung der für den Menschen sicheren Dosis von möglicherweise problematischen Stoffen miteinander verglichen. Dabei hat sich gezeigt, dass in gewissen Situationen die NOAEL- der BMD-Methode vorzuziehen ist.

Behörden unterziehen gesundheitlich möglicherweise problematische Stoffe einer toxikologischen Risikobewertung. Dabei wird die erwartete Exposition, etwa über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel, mit der für den Menschen sicheren Dosis verglichen.

Um eine für den Menschen als sicher erachtete Dosis abzuleiten, sind gegenwärtig zwei verschiedene Methoden gängig: die NOAEL-Methode (NOAEL: No Observed Adverse Effect Level) und die BMD-Methode (BMD: Benchmark Dose). Den beiden Methoden liegen dieselben Ergebnisse tierexperimenteller Studien zu Grunde. Sie unterscheiden sich aber in der Art, wie aus diesen Daten eine sichere Dosis abgeleitet wird.

Das BLV hat nun mit simulierten tierexperimentellen Studien grundlegende Aspekte der NOAEL- und der BMD-Methode miteinander verglichen. In dieser Studie kommt das BLV zum Schluss, dass in gewissen Situationen die NOAEL- der BMD-Methode vorzuziehen ist.

Die NOAEL-Methode ist einfach und transparent

In Tierstudien werden Gruppen von Tieren unterschiedliche Dosen einer Chemikalie verabreicht. Am Ende der Studie werden die Tiere untersucht und die höchste Dosis identifiziert, bei der keine nachteiligen Effekte beobachtet werden (NOAEL). Dieser NOAEL wird durch einen Sicherheitsfaktor dividiert und ergibt so die für den Menschen als sicher erachtete Dosis ADI (Acceptable Daily Intake). Eine der im Experiment untersuchten Dosen wird also als NOAEL die Basis für den ADI.

Die BMD-Methode ist mathematisch kompliziert

Mit denselben experimentellen Daten wie bei der NOAEL-Methode wird bei der BMD-Methode eine Dosis-Wirkungs-Beziehung nach statistischen Kriterien modelliert. Aus diesem mathematischen Dosis-Wirkungsmodell wird anschliessend diejenige Dosis (BMD) errechnet, die einer vordefinierten Effektstärke entspricht, beispielsweise jene Dosis, bei der 10% der Tiere einen Effekt zeigen. Gleich wie bei der NOAEL-Methode wird der BMD zur Ableitung des ADI durch einen Sicherheitsfaktor dividiert und so die für den Menschen als akzeptabel erachtete Dosis ermittelt.

Konzeptionelle Schwächen der BMD-Methode

Als wichtigster Vorteil der BMD- gegenüber der NOAEL-Methode gilt gemeinhin, dass bei ersterer zur Ableitung der sicheren Dosis die Informationen aller im Tierexperiment geprüften Dosisgruppen einbezogen werden. Demgegenüber würden bei der NOAEL-Methode ausschliesslich die Informationen der Dosisgruppe, welche dem NOAEL entspricht, verwendet. Bei der BMD-Methode wird durch den Einfluss aller Dosisgruppen auf das mathematische Dosis-Wirkungsmodell aber stillschweigend vorausgesetzt, dass die Resultate aller Dosisgruppen relevant sind für die Ableitung der für den Menschen sicheren Dosis. Diese kritische Annahme ignoriert, dass Hochdosisphänomene bei tieferen Dosen, von welchen in der Regel die für Menschen sichere Dosis abgeleitet wird, oft keine Rolle spielen.

Die vorliegende Studie zeigt anhand von simulierten tierexperimentellen Studien, dass neben anderen Faktoren vor allem Effekte bei hohen Dosen die BMD und damit die für Menschen sichere Dosis sehr stark beeinflussen, obwohl diese möglicherweise irrelevant sind für die Beurteilung der Effekte bei tiefen Dosen. Während bei der NOAEL-Methode vor allem biologische Argumentationen im Vordergrund stehen, liegt das Primat bei der BMD-Methode auf der mathematischen Analyse der Daten. Aus diesen Überlegungen ist die BMD Methode der NOAEL Methode wissenschaftlich nicht grundsätzlich überlegen, wie oft behauptet wird.

 

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Letzte Änderung 16.06.2020

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