Anstieg der Tierversuche im Jahr 2022

Bern, 14.09.2023 - In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 585 991 Tiere für Forschungszwecke eingesetzt. Gemäss der Tierversuchsstatistik des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV sind dies rund zwei Prozent mehr Tiere als 2021. Die Zunahme widerspiegelt die rege Forschungsaktivität. Im langjährigen Durchschnitt bewegt sich die Anzahl Versuche im unteren Bereich.

Die Forschungstätigkeit in der Schweiz bleibt hoch. Zwar gab es letztes Jahr 40 weniger Forschungsprojekte mit Tieren. Die Zahl liegt mit total 2334 Projekten mit Tieren aber im Mittel der letzten zehn Jahre.

Die Anzahl der Tiere, die in Forschungsprojekten eingesetzt werden, hat 2022 um zwei Prozent zugenommen. Insgesamt haben Forschende letztes Jahr 585 991 Tiere in Versuchen verwendet. Im langjährigen Vergleich liegt die Zahl damit im unteren Bereich: In den letzten zwanzig Jahren wurden jährlich zwischen 560 000 und 760 000 Tiere in Versuchen verwendet. Dies zeigt die Tierversuchsstatistik 2022 des BLV.

Wiederum mehr Tiere im Schweregrad 3

Wie bereits in den Vorjahren wurden auch 2022 in Versuchen des belastendsten Schweregrads 3 mehr Tiere eingesetzt. Im Vergleich zu 2021 waren es rund 1300 Tiere mehr. Das entspricht einem Plus von etwa 5 Prozent. Der Anstieg von Versuchen im Schweregrad 3 ist seit 2014 zu beobachten. Ab 2018 ist er zum Teil auf angepasste Richtlinien zurück-zuführen. Dadurch müssen einzelne Versuche einem höheren Schweregrad zugeordnet werden. Tierversuche im Schweregrad 3 werden zu fast 90 Prozent durchgeführt, um Krankheiten beim Menschen zu untersuchen. Mehr als die Hälfte der Tiere wird dabei für die Erforschung von Krebs und neurologischen Krankheiten eingesetzt.

Im zweithöchsten Schweregrad gab es 2022 einen Rückgang von rund 4400 Tieren (- 2,8 Prozent). Im Schweregrad 1 wurden rund 9300 mehr Tiere eingesetzt als 2021 (+ 5,3 Prozent). Im Schweregrad 0 setzten Forschende rund 5200 mehr Tiere ein (+ 2,4 Prozent).

Tierarten: weniger Mäuse und mehr Fische

Im Jahr 2022 haben Forschende rund 5 Prozent weniger Mäuse als im Vorjahr verwendet. Die Abnahme setzt den Trend fort: In den letzten zehn Jahren hat die Anzahl eingesetzter Mäuse pro Forschungsprojekt um rund 20 Prozent abgenommen. Bei den Fischen ist hingegen eine deutliche Zunahme zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 2022 mit rund 80 000 Tieren mehr als doppelt so viele in Versuchen eingesetzt. Der Anstieg ist auf eine hohe Forschungstätigkeit in Bereichen wie Toxikologie, Ökologie und in der Grundlagenforschung zurückzuführen.

Die zuständigen kantonalen Behörden haben 2022 insgesamt 666 neue Forschungsprojekte mit Tieren bewilligt. Dies entspricht einer Zunahme von 49 Bewilligungen gegenüber 2021. 117 Bewilligungen liegen im Schweregrad 0, 115 im Schweregrad 1, 297 im Schweregrad 2 und 137 im Schweregrad 3.

Tierversuche ersetzen, reduzieren und verbessern

Forschende in der Schweiz müssen das 3R-Prinzip umsetzen: replace, reduce, refine. Das bedeutet, dass Tierversuche ersetzt, verringert und verbessert werden sollen. Um die Anwendung der 3R-Prinzipien voranzutreiben, hat der Bundesrat das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79) lanciert. Es startete im Mai 2022 und dauert fünf Jahre. Das Programm verfügt über ein Budget von 20 Millionen Franken.

Gesetzliche Regelung und Bewilligung von Tierversuchen

Tierversuche sind im Tierschutzgesetz (TSchG) geregelt. Für sämtliche Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken müssen die Forschenden bei der zuständigen kantonalen Behörde ein Gesuch einreichen. Darin müssen sie die im Versuch vorgesehenen Massnahmen genau beschreiben und begründen. Weiter ist aufzuzeigen, dass keine Alternativmethoden zum beantragten Tierversuch bekannt sind und die Tiere so wenig wie möglich belastet werden. Ferner ist in einer Güterabwägung darzulegen, dass die den Tieren zugefügten Schmerzen, Leiden, Schäden, Ängste oder Belastungen anderer Art durch überwiegende Interessen zugunsten der Gesellschaft oder der Umwelt zu rechtfertigen sind.

Eine kantonale Tierversuchskommission prüft die jeweiligen Gesuche. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ist mit der Aufsicht betraut und kann Beschwerde gegen die kantonalen Bewilligungen einlegen (Art. 25 und 40 TSchG). Die Kantone sind verpflichtet, alle Tierversuchsbewilligungen dem BLV zu melden.

Schweregrade

Die Tierschutzgesetzgebung unterscheidet zwischen vier Belastungskategorien, so genannten Schweregraden (0 bis 3): Versuche im Schweregrad 0 gelten als nicht belastend, beispielsweise Beobachtungsstudien. Bei Schweregrad 1 werden den Tieren kurzfristig leichte Schmerzen zugefügt. Bei Schweregrad 2 handelt es sich um Versuche mittlerer Belastung. Versuche im Schweregrad 3 belasten die Tiere schwer.


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